Der Barbier ist in Sevilla
Als ich neulich wieder mal
morgens mich im Spiegel sah
musste ich mir eingestehen:
Guter Mensch, du lässt dich gehen.
Die Proportionen stimmen nicht am Kopf,
zu ungleichmäßig ist dein Schopf.
Lange Lösse, vorne, seitlich, hinten
nur die Mitte ist am Blinken,
strähnig, fettig, strubbelig
so ist es einfach fürchterlich.
Also beschließe ich spontan
hier dran wird jetzt was getan.
Rufe an bei dem Barbier
zwecks Termin jetzt gleich um vier.
Doch der meldet sich am Band
bin zu Zeiten nicht im Land.
Bin verreist mit meiner Wilma
in das sonnige Sevilla.
Doch auf ihn kann ich nicht warten
und so gehe ich zum alten
Haarabschneider, welcher, unbestritten
mich hat früher gut geschnitten.
Der sagt zu mir, nimm schon mal Platz
das machen wir, das geht Ratz-Fatz.
Der Umhang wird um mich geschwungen
und oben mittig festgebunden.
Ich warte jetzt auf seine Fragen
die kennt man ja aus all den Jahren.
Im Ganzen kürzer, frei die Ohren?
(er meint, man kann dann besser darin bohren!).
Stufig oder rund im Nacken?
wie halten wir es mit den Backen?
Koteletten lassen oder kürzen?
Ausgedünnt, die Brauen stutzen?
Doch all dies sind nicht seine Fragen.
Vielmehr hör ich ihn freundlich sagen:
es ist dir recht, so denk ich mal,
wir machen's wie das letzte Mal.
Ich lasse es dabei bewenden
und fühle mich in guten Händen.
Soll er mal schnippeln jetzt schön brav,
derweil nehm ich ein wenig Schlaf.
Im Traum verfolgt mich eine Wette,
die ich so gern gewonnen hätte.
Es ging dabei um unsere Hilde
zu ihrer Zeit 'ne ganz schön Wilde
Beim xten Bier bei dem Gelage,
kam es zu der wichtigen Frage,
ne Frage, die ans Intime rührte,
wen unsere Hilde denn zuerst verführte.
War's Otto, Manfred oder Paul
zu wissen meinte ich's genau.
Befragt, nannt' Hilde einen Kerl,
mit Namen Dieter, käm aus Werl.
Ich war beschämt bis hinter beide Ohren,
die Wette hatte ich verloren.
Mein Wetteinsatz, der war
es ging um mein gewelltes Haar.
Die anderen schafften sich Gehör
und riefen laut nach dem Frisör.
Für Geld kam der dann auch bei Nacht
und hat es gründlich wahr gemacht.
Jetzt fährts im Traum mir in die Glieder
denn ich erinnere mich wieder.
Ich schrecke hoch und was ich seh, macht mich ganz wild,
denn vis-a-vis, das ist mein eigenes Spiegelbild.
Ein glattes rohes Ei mit Abstehohren,
so haarlos kahl, als sei ich grad geboren.
Ich denke nur, oh Schreck, oh Graus,
das sieht nicht nach Wildewiese, vielmehr nach Kahler Asten aus.
Von hinten naht, er lächelt süffisant,
der Herr Barbier, sein Spieglein in der Hand.
Erst links, dann rechts und dann das Ganze,
zeigt er mir meinen Kopf in neuem Glanze.
Er sagt, na, ist uns das nicht gut gelungen? Ist es so recht?
Und ebenda, da wurd mir schlecht.